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War er?

War Hindenburg Antisemit?

Der Sieger der Schlacht bei Tannenberg 1914 (mit Generalstabschef Erich LUDENDORFF) und spätere Reichspräsident, Generalfeldmarschall Paul VON HINDENBURG UND BENECKENDORFF, wird seit einiger Zeit von deutschen Historikern und in Medien des Antisemitismus verdäch­tigt,1 und auch mit dieser Begründung werden in vielen Orten Straßen, die vor Jahrzehnten nach ihm benannt wurden, umgewidmet. So äußerte der Mainzer Zeitgeschichtler Prof. Dr. Sönke NEITZEL, HINDENBURG sei »sicher kein Freund der Juden gewesen«,[1] und meinte, es sei deswegen sinnvoll, die Mainzer Hindenburgstraße umzubenennen. Anfang 2010 wurde in Solingen die Hindenburgstraße gegen erheblichen Widerstand aus der Bürgerschaft umbenannt.1 Auch anderenorts geschah dasselbe.

Doch diese Vorwürfe sind unberechtigt. HINDENBURG war kein Anti­semit. Im Gegenteil: Er trat — auch noch im Dritten Reich — für Juden ein. So hat er im August 1932 »jeden Versuch einer Verletzung der ver­fassungsmäßigen politischen und religiösen Rechte jüdischer Landesan­gehöriger« verurteilt.1 Einer seiner Biographen, Emil LUDWIG (als Emil COHN geboren, 1881-1948), schrieb dazu: »Er kannte die Statistik, die von sechshunderttausend deutschen Juden einhunderttausend im Krie­ge auswies und zwölftausend Gefallene. Seine nächsten Freunde, die CRA­MONS, schlesische Junker, hatten Sohn und Tochter an Juden verheiratet. Seine eigene Tante, Schwester seines Vaters, ein Fräulein VON BENECKEN­DORFF UND HINDENBURG, hatte den jüdischen Medizinalrat Dr. COHEN VAN BAREN geheiratet, und nach ihrem frühen Tode war die jüngere Schwe­ster ihr als Frau des Schwagers gefolgt, in diesem jüdischen Hause in Posen hatte HINDENBURGs Vater seine Frau kennengelernt.«[2]

Emil LUDWIG

In einem Brief vom 3. Oktober 1932 bedankt sich HINDENBURG, da­mals Reichspräsident, für die Zusendung des vom >Reichsbund jüdischer Frontsoldaten< (RjF) veröffentlichten Erinnerungswerkes Die jüdischen Gefallenen des deutschen Heeres, der deutschen Marine und der deutschen Schutz­truppen 1914-1918 beim Vorsitzenden des RjF, Dr. Leo LÖWENSTEIN, mit den Worten: »In ehrfurchtsvoller Erinnerung an die auch aus Ihren Rei­hen für das Vaterland gefallenen Kameraden nehme ich das Buch entge­gen. … Mit kameradschaftlichem Gruß.«

Als mit einem Brief vom 23. Februar 1933 sich die Berliner Jüdin Frieda FRIEDMANN, die zwei Brüder im Ersten Weltkrieg verloren hatte, an HINDENBURG wandte und sich darin über die begonnene Hetze gegen Juden beklagte, antwortete der Reichspräsident sofort mit Schreiben vom 25. Februar 1933 und erklärte darin, daß er ihren Brief gleich an den Reichskanzler HITLER weitergeleitet habe und »daß er die von Ihnen erwähnten Ausschreitungen ge­genüber jüdischen Reichsangehörigen lebhaft miß­billigt und bedauert«.

Es war mit ein Verdienst HINDENBURGS, daß bei dem »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbe­amtentums« vom 7. April 1933, das Juden von öf­fentlichen Ämtern ausschloß, diejenigen Juden aus­genommen wurden, die im Ersten Weltkrieg für die Mittelmächte gekämpft hatten.

Im Juli 1934 stiftete der greise Reichspräsident das >Ehrenkreuz für Frontkämpfer<, das trotz HIT­LERS Gegenbemühungen auch an jüdische ehema­lige Soldaten verliehen wurde.

Der Vorwurf der Ausschließung jüdischer Ver­bände von der feierlichen Einweihung des Tannenbergdenkmals 1927 ist in einem anderen Beitrag widerlegt worden.[3]

Rolf Kosiek

Paul VON HINDENBURG UND BENECKENDORFF.

Brief Paul VON HINDENBURGS an Reichskanzler HITLER vom 4. April 1933, in dem der Reichspräsident um Milderungen im drei Tage später erlasse­nen »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« bittet:[4]

Sehr verehrter Herr Reichskanzler!

In den letzten Tagen sind mir eine ganze Reihe von Fällen gemeldet worden, in denen kriegsbeschädigte Richter, Rechtsanwälte und Justizbeamte von untadeli­ger Amtsführung lediglich deshalb zwangsbeurlaubt wurden und später entlas­sen werden sollen, weil sie jüdischer Abstammung sind. Für mich … ist eine solche Behandlung jüdischer kriegsbeschädigter Beamter persönlich ganz uner­träglich. Ich bin überzeugt, daß Sie, Herr Reichskanzler, in diesem menschli­chen Gefühl mit mir übereinstimmen, und bitte sie herzlichst und eindringlichst, sich dieser Frage persönlich anzunehmen und ihre einheitliche Regelung für alle Zweige des öffentlichen Dienstes im ganzen Reich zu veranlassen. Nach mei­nem Empfinden müssen Beamte, Richter, Lehrer und Rechtsanwälte, die kriegs­beschädigt oder Frontsoldaten oder Söhne von Kriegsgefallenen sind oder selbst Söhne im Leide verloren haben — soweit sie in ihrer Person keinen Grund zu einer Sonderbehandlung geben — im Dienste belassen werden; wenn sie wert waren, für Deutschland zu kämpfen und zu bluten, sollen sie auch als würdig angesehen werden, dem Vaterlande in ihrem Beruf weiter zu dienen…

gez. von Hindenburg.«

Aus: Verheimlichte Dokumente, Bd. 1, FZ-Verlag, Mün­chen 51999, S. 140.

[1] Zitiert in: National-Zeitung, Nr. 20, 9. 5. 2008, S. 14.

[2] »Protest gegen Umbenennung«, in: National-Zeitung, 5. 2. 2010.

[3] Siehe Beitrag Nr. 897, »Erfindung deutscher >Schandtaten< im Organ des MGFA«, Bd. 4, S. 797-800.

[4] 4Aus: Verheimlichte Dokumente, Bd. 1, FZ-Verlag, Mün­chen 51999, S. 140.

Quelle: Der Große Wendig 4, Nr. 746 (Download)

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