Naturwissenschaftler begründen die zahllosen Coronamaßnahmen mit dem Prinzip „Viel hilft viel“. Bildlich wird das mit dem Käsemodell dargestellt. Doch die Grundannahmen in diesem Modell sind tatsächlich Käse und verraten uns viel über das Weltbild dieser Experten.

Ökonomen haben dafür den Begriff des Grenznutzens erfunden. Wenn ich z.B. ins Fitnessstudio gehe, mache ich als Untrainierter in einer Stunde Training die größten Fortschritte. Der Nutzen einer zusätzlichen Trainingseinheit (Grenznutzen) sinkt aber, je trainierter ich bin!
Für die Maßnahmen gilt das Gleiche: Milde Maßnahme wie die Absage von Großveranstaltungen in Innenräumen dürften den größten Effekt haben. Je mehr Maßnahmen ich draufpacke, desto kleiner der Zusatznutzen, und irgendwann wird der Nutzen sogar negativ – nämlich dann, wenn die Leute ihre Partys von öffentlichen Räumen ins Private verlagern und sich dort infizieren. Den größten Nutzen aber hat eine „Maßnahme“, die gar keine ist: die Saisonalität. Gegenüber den natürlichen Jahreszeiten verblasst jede politische Maßnahme. Ein Gedankenexperiment:
Wenn Sommer und Winter Maßnahmen wären und politisch beschlossen werden könnten, würden wir den Effekt (Grenznutzen) anderer Maßnahmen kaum messen können – und ist Letzeres nicht tatsächlich der Fall?
Unsere Experten denken aber nicht nur linear, sondern auch mechanistisch:
Sie betrachten die Gesellschaft als Mechanismus, den man steuern kann, indem man die einzelnen Teile dieses Mechanismus reguliert. Sie übersehen dabei etwas, dass man Emergenz nennt. Emergenz bedeutet, dass sich auf einer höheren Ebene Effekte ergeben, die sich nicht durch das Zusammenspiel der Teile erklären lassen: Auch wenn man weiß, wie Viren übertragen werden, kann man daraus nicht einfach epidemiologische Regeln ableiten in der Erwartung, dass man damit das Problem der Infektionen lösen kann. Masken z. B. wirken in der Realität anders als im Labor. Hinzu kommt, dass Naturwissenschaftler übersehen, dass Maßnahmen auf gesellschaftlicher Ebene völlig unerwartete Effekte auch in anderen Bereichen erzeugen. Man kann nicht einfach einer Gesellschaft ganz neue Regeln fürs Zusammenleben geben und glauben, man könne danach zur Tagesordnung zurückkehren. Inzwischen haben das die meisten erkannt, weshalb „Wir bleiben zwei Wochen zu Hause“ nur noch lächerlich klingt. Die ganzen sozialen Folgen der Hygienemaßnahmen dürften uns jedoch noch jahrelang beschäftigen und am Ende wird sich die Frage stellen: War es das wert? Auf höherer Ebene können immer ganz unerwartete Effekte auftreten, mit denen lineares, mechanistisches Denken nicht rechnet – oder hätte jemand im März 2020 geglaubt, dass im Deutschland des Jahres 2022 solche Aussagen möglich wären, wie von #IchHabeMitgemacht dokumentiert?
Witzigerweise erliegen diejenigen, die an eine „Plandemie“ im Sinne eines Great Resets glauben, dem gleichen mechanistischen Denkfehler: Sie glauben, komplexe soziale Realitäten seien planbar. Natürlich wird das immer versucht, aber diese Versuche scheitern genauso regelmäßig. Mal ehrlich Leute: Wenn alles grundsätzlich planbar wäre – warum gibt es dann überhaupt Risikokapital? Und warum führen wir nicht die Planwirtschaft wieder ein? Wir sollten uns damit abfinden, dass eine Gesellschaft kein mechanisches, von oben herab zu regulierendes Uhrwerk ist und dass wir sich schnell verbreitende Atemwegserkrankungen nicht kontrollieren können. Und wir sollten erkennen, dass die totale Regulierung mittels naturwissenschaftlich begründeter Methoden in einem technokratischen Alptraum enden kann, wie uns das zurzeit die chinesische Regierung in Schanghai eindrücklich vorführt. Am Ende gebärt nämlich totale Ordnung erst das Chaos, das jene zu bekämpfen vorgibt: Wirtschaftskrisen, gesellschaftliche Spaltung, Pandemien, Populismus.
Der Flingeraner
Die Wirklichkeit bestätigt diesen Ansatz, siehe hier.